Die Story: Deutsch-Grieche Zinos (Adam Bousdoukos) betreibt seine "Soul Kitchen" vor allem anderen mit viel Herzblut, schließlich hat er nur mit Kraft seiner Hände aus der ehemaligen Lagerhalle im Hamburger Wilhelmsburg (so etwas wie) ein Restaurant gemacht. Seine 48 Gerichte auf der Karte schmecken zwar alle nach exakt jenem Friteusenfett, nach dem er selbst meistens riecht, aber das stört weder ihn noch seine Kundschaft. Glücklich ist er dennoch nicht, zieht es seine Freundin Nadine (Pheline Roggan) doch aus beruflichen Gründen nach Shanghai. Und so hadert er mit der Entscheidung, ob er sie begleiten und dafür sein Herzblutprojekt hinter sich lassen soll oder eben nicht.
Zu allem Überfluss steht alsbald das Finanzamt auf der Matte, sein Bruder Ilias (Moritz Bleibtreu) schwatzt ihm einen Job im Restaurant ab, der de facto nur auf dem Papier bestehen soll, damit der notorische Glücksspieler seine Knastfreigänge von abgezählten Stunden am Wochenende auf ganze Tage ausweiten kann, und zur Krönung des Ganzen zieht sich der nicht krankenversicherte Zinos einen Bandscheibenvorfall zu, der ihn praktisch arbeitsuntauglich macht.
Ersatzmann Shayn (Birol Ünel) ist zwar schnell gefunden, doch der messerschwingende und -werfende Küchenexzentriker besteht auf Novelle Cuisine statt Backfisch, und vermehrt das Chaos im Grunde nur, anstatt es zu minimieren. Als Ausweg aus der Misere könnte Neumann (Wotan Wilke Möhring) dienen, der seinem alten Schulkameraden Zinos das "Soul Kitchen" liebend gerne abkaufen würde, obwohl er gänzlich andere Pläne als die Gastronomie verfolgt...
Hätte Regisseur Fatih Akin noch mehr Hamburg in diesen Film gepackt, man hätte das Genre von "Komödie" durchaus in "Heimatfilm" ändern können. Und das ist als Kompliment zu verstehen.
Wo man auch hinschaut oder hört, überall lässt Akin seine Liebe zu Hamburg in Form von kräftig dosiertem Lokalkolorit mitschwingen. Egal ob Rund-, Über- und Einblicke des Hamburger Stadtbildes zur Atmosphäre beitragen, Jan Delay oder Hans Albers als perfekt gewählte Hintergrundmusik laufen oder die "Großstadtrevier"-Charaktere Jan Fedder (übrigens nicht in seiner Paraderolle als Dirk Matthies!) und Maria Ketikidou mit Gastrollen aufwarten, es passt einfach wie Arsch auf Eimer.
Der Hauptcast um Adam Bousdoukos überzeugt auf ganzer Linie, da jede der Figuren für sich im realistischen Maße spleenig ist, ohne dabei zu sehr zu überdrehen. Sie alle tragen den Film Stück für Stück auf ihren Schultern. Wirklich überrascht war ich allerdings von der Qualität der Dialoge und Gags, die nicht auf den Schenkelklopfer abzielen, sondern auf das freudige Schmunzeln des Zuschauers.
Wenn Zinos und Ilias später in Untersuchungshaft sitzen, der Beamte zur Entlassung Zinos' nur "Kazantsakis" in die Zelle bellt und die Brüder unisono "Welcher?" fragen, dann funktioniert der Gag bestens.
Stilistisch agiert "Soul Kitchen" auf einem über weite Strecken wirklich hohen Niveau - insbesondere die ersten 60 Minuten sind einfach nur stark -, hat beim Übergang in die zweite Hälfte allerdings den kleinen Makel sich mit Hängern und Vorhersehbarkeiten einzulassen. Natürlich, eine Komödie geht nicht schlecht aus. Erst recht keine deutsche Komödie. Aber der Bogen war mir an manchen Stellen dann doch ein wenig zu sehr konstruiert, was mein positives Fazit aber nicht wirklich mindert.
Kurzum, "Soul Kitchen" war ein gelungener Start in mein Kinojahr 2010.
Und so nebenbei: der Abspann ist in Sachen Grafikdesign das Beste, was ich in den letzten sechs, sieben Jahren gesehen habe.
Dankeschön für den Tipp. :)
AntwortenLöschenAlleine schon die Beschreibung der Liebeserklärung an meine deutsche Lieblingsstadt hat mich so neugierig gemacht, dass der umgehend auf meiner Wunschguckliste landet.
Schönes neues Jahr auch noch und Grüße
Katja