Seiten

Samstag, 27. Juni 2009

Wirf, guter Hamlet, ab die nächtge Farbe ...

König: [...] Doch nun, mein Vetter Hamlet und mein Sohn -

Hamlet: (beiseit) Mehr als befreundet, weniger als Freund.

König: Wie, hängen stets noch Wolken über Euch?

Hamlet: Nicht doch, mein Fürst, ich habe zuviel Sonne.

Königin: Wirf, guter Hamlet, ab die nächtge Farbe
Und laß dein Aug als Freund auf Dänmark sehn.
Such nicht beständig mit gesenkten Wimpern
Nach deinem edlen Vater in dem Staub.
Du weißt, 's ist aller Los: was lebt, muß sterben
Und Ewges nach der Zeitlichkeit erwerben.

Hamlet: Ja, gnädge Frau, 's ist aller Los.

Königin: Nun wohl,
Weswegen scheint es so besonders dir?

Hamlet: Scheint, gnädge Frau? Nein, ist; mir gilt kein »scheint«.
Nicht bloß mein düstrer Mantel, gute Mutter,
Noch diese Tracht, nach Brauch von ernstem Schwarz,
Noch stürmisches Geseufz beklemmten Atems,
Noch auch im Auge der ergiebige Strom,
Noch die gebeugte Haltung des Gesichts
Samt aller Sitte, Art, Gestalt des Grames
Ist das, was wahr mich kundgibt; dies scheint wirklich;
Es sind Gebärden, die man spielen könnte.
Was über allen Schein, trag ich in mir;
All dies ist nur des Kummers Kleid und Zier.

William Shakespeare - Hamlet (1. Aufzug, 2. Szene)

1 Kommentar:

  1. schöne Grüße von Mr. Bill. Immer wieder gern gelesen aber der Chrispinustag gefällt mir besser.

    AntwortenLöschen