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Montag, 10. November 2008

Ware mit Verfallsdatum

"Nachrichten sind Ware mit Verfallsdatum. Wenn ein Sender Bilder gezeigt hat, sind sie für einen anderen Sender meist wertlos. Höchstens bei ganz dramatischen Ereignissen werden sie vielleicht noch in unmittelbarer zeitlicher Nähe des Geschehens ausgestrahlt.
Unter dem Druck, ständig Neues bringen zu müssen, und zwar aufregend Neues, multiplizieren sich plötzlich die Skandale. Das, was bisher jeder wusste, aber keinen scherte, wird plötzlich moralistisch aufgeblasen."

Wer jetzt meint, diese Zeilen wären eine Medienkritik der letzten Wochen im Fahrwasser des Reich-Ranicki-Boheis, der irrt. Dies ist eine kleine Passage aus "Der Ehrliche ist der Dumme", einem Essay des langjährigen Tagesthemen-Sprechers Ulrich Wickert aus dem Jahr 1994, in welchem er den Verfall der Werte wie Solidarität, Pflichtgefühl, Ethik oder auch Moral thematisierte und wie man diese moralische Schieflage wieder ausgleichen könnte.

Dafür, dass Wickert den Essay vor vierzehn Jahren schrieb, ist er erschreckend aktuell. Ausländerfeindlichkeit, prügelnde Jugendliche, Krawall-Fernsehen zur Volksverdummung, machtgeile Politiker und Lobbyisten.

Aber als ich das so las, stellte sich mir diese eine Frage: Haben wir uns seit Mitte der ´90er als Gesellschaft tatsächlich kein Stück weiterentwickelt?

1 Kommentar:

  1. Doch schon. Nur leider in die falsche Richtung. Es wird immer extremer. vor vierzehn Jahren hörten sich meiner Ansicht nach die Nachrichten nicht so schlimm an wie heute. Wenn ich höre das sich wieder "Kinder" (ok vlt könnte man auch Jugendliche sagen) gegenseiten in der Schule erschiessen, bekomme ich große Grausen.

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