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Donnerstag, 11. Juni 2009

Das Kaufhaus stirbt - na und?

Das Ende von Kaufhaus-Ära aus der Sicht eines Verbrauchers, der persönlich kein Problem damit hat:

Arcandor ist pleite - und somit auch die Karstadt-Kette. Unweigerlich in den Abgrund mitgerissen. Warum? Weil der Staat nicht schon wieder den Kopf bzw. den Geldbeutel des Steuerzahlers hinhalten konnte oder wollte - man kann wohl nicht jeden retten bzw. will nur die retten, die genügend Prestige mit sich bringen. Weil die Eigentümer und Gläubiger nicht bereit waren ihr massig angehortetes Geld in die unzähligen Kaufhäuser (ergo auch Arbeitsplätze) zu stecken. Und wenn die schon nicht investieren wollen, warum sollte der Staat das dann in letzter Instanz tun?

Vielleicht weil man einfach erkennen muss, dass das Modell Kaufhaus keine Zukunft mehr hat. Selbstverständlich ist es schlimm, dass damit auch viele Arbeitsplätze wegfallen werden. Aber fragt doch mal in anderen Berufssparten nach, die ähnlich dem Konsumtempel ein Jahrhundert dominiert haben (Stahl, Bergbau), ehe sie durch die Veränderungen des Marktes, der Wirtschaft und auch Kunden mehr oder weniger leise "servus" sagen mussten.

Im Radio wurden im Rahmen der Berichterstattung die letzten Tage immer wieder Einspieler gebracht, in denen man von Kunden der Kaufhäuser hörte, sie fänden es schade, dass diese verschwinden würden, weil so doch schon immer dort eingekauft hätten. Haben sie vielleicht wirklich mal. Aber auch in den letzten Jahren? Der Einzelhandel hat die einstmaligen Alleskönner doch schon längst überholt. Ehe ich im Kaufhaus meine Lebensmitteleinkäufe erledige, fahre ich doch lieber zum Discounter. Die schicken Schuhe habe ich auch nicht aus der entsprechenden Abteilung im dritten Stock, sondern von Schleichmann und Co., das coole T-Shirt erst recht aus dem Laden meines Vertrauens. Und wenn ich gar keinen Bock habe, den Fuß vor die Tür zu setzen, dann bestelle ich direkt via Internet.

Der Einzelhändler, das Fachgeschäft, der Webstore - sie alle machen alleine mehr Umsatz als die Kaufhaus-Ketten. Weil sie zeitgemäßer sind. Weil sie auf den Kunden bestens eingehen können. Weil sie im Detail wissen, was sie verkaufen.

Ich will den Kräften in Karstadt und Co. in keinster Weise ihre Kompetenzen absprechen (ich bin dort schon mehrmals Zeuge von engelsgleicher Geduld und Freundlichkeit geworden, wenn es darum ging jemandem etwas zu erklären), aber woanders gibt es das auch. Und ganz ehrlich, mein Gefühl alleine würde mir vom Kauf eines Produktes abraten, das nur in drei Varianten zur Verfügung steht, wenn ich beim Fachhändler ein beinahe auf mich zugeschnittenes Exemplar erhalten kann.

Kleines Beispiel gefällig? Ich nenne ein Produkt, welches ihr kaufen wollt, und ihr überlegt, wo ihr es kriegt: Fahrrad. Chips. Rock. Toaster. DVD. Apfel. Wem ist als Anlaufstelle das Kaufhaus eingefallen? Eben.

Ich für meinen Teil bin in jungen Jahren nicht wirklich großartig mit Kaufhäusern in Kontakt gekommen. In meiner Heimatstadt hatten wir zwei eher kleinere Vertreter dieser Gattung Betonklotz. Kaufhaus #1 (Kaufhof - einstmals sich über vier Etagen erstreckend, wurden die Stockwerke 2 bis 4 vor drei Jahren dicht gemacht, im Erdgeschoss hat sich nach der Schließung erst ein Bekleidungs- und nun ein Schuhdiscounter eingerichtet) habe ich als Abkürzung missbraucht, um nach der Schule meinen Bus nach Hause zu erwischen, in #2 (city Kaufhaus - vor vier Jahren erst bankrott gegangen und dann platt gemacht, um an selber Stelle eine lichtdurchflutete Shoppinggallerie hochzuziehen) habe ich, wenn es der klamme Geldbeutel hergab, ab und an gerade mal ein Stück Pizza des eingezogenen Italieners gefuttert. Aber bewusst und gezielt dort eingekauft habe ich persönlich eigentlich gar nichts.

Mein Herz schlägt schon länger für die kleinen Geschäfte. Sie machen das Einkaufen interessanter. Ein Stadtbummel, bei dem man mit zig Tüten an Errungenschaften durch die Straßen zieht, macht mehr Spaß, als rein ins Kaufhaus, alles anhäufen, ab zur Kasse und wieder gen Heimat düsen. Derlei Luxus erlaube ich mir beim Möbelschweden, weil ich es dort genau so will.

Welche Zukunft hat das Kaufhaus also aus meiner Sicht? Gar keine. Aber das ist okay so. Es hatte eine schöne Zeit und nun wird es etwas Neues geben. Der Trend geht Richtung Mall-ähnlichem Konstrukt. Vielerlei Fach- und Einzelhändler unter einem großen Dach. Das muss nicht zwingend besser sein, aber es wird funktionieren, bis die nächste gute Idee da ist.

Und wer weiß, vielleicht erlebt irgendwann der Tante Emma-Laden sein Comeback, wenn wir alle wieder auf Nähe, Nachhaltigkeit und Kundenverbundenheit vor Ort abfahren.

3 Kommentare:

  1. man nehme die neue City Passage in der Innenstadt deiner Heimat wo viele einzelne Läden zusammen unter einem Dach zum einkaufen einladen.
    LG

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  2. Ich persönlich habe sehr gern in den Kähfhäusern eingekauft. Nehmen wir mal an du benötigst deine Produktbeispiele alle an einem Tag. Da ich ein Mensch bin der grundsätzlich recht wenig Zeit hat, gehe ich in das eine Kaufhaus, statt in zig verschiedene Läden zu rennen.

    Aber mal ganz davon hab hat die staatliche Ablehnung der Unterstützung nichts mit fehlender Prestige zu tun. Der Arcandor Konzern war schon vorher pleite. Die Milliardenschweren Eigentümer waren nicht bereit ihren beitrag zur Rettung zu leisten, wobei die Angestellten sogar auf einen Teil Ihres Gehalts verzichtet haben, um das Unternehmen zu retten. Hätten die Eigentümer genau so viel Engagement gezeigt wie die Angestellten, hätte das unternehmen auch nicht in Milliardenhöhe beim Staat bitte bitte machen müssen. Außerdem hätte man viel früher Maßnahmen gegegen die Verschuldung treffen müssen.

    Schade finde ich es auf jeden Fall. Mir wird das Kufhaus in der Innenstadt fehlen.

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  3. Gerade diese nicht vorhandene Bereitschaft der Arcandor-Eigentümer ist es, die mich stutzig gemacht hatte. Wenn sie wirklich daran geglaubt hätten, dass man das Unternehmen hätte retten können, dann hätte mehr von ihnen kommen müssen. Alleine dieses Zögern (inklusive der Hoffnung noch Kohle vom Staat abzuzocken) war ein deutlicher Wink mit dem Zaunpfahl, wie sehr man tatsächlich am runtergewirtschafteten Unternehmen hing.

    Was die Maßnahmen gegen die Verschuldung (und die Weltwirtschaftskrise im Allgemeinen) angeht, gab es in Person von US-Ökonom Robert Brenner schon längst jemanden, der weit im voraus auf die Gefahren des Wirtschaftsgebarens der Banken als auch Kreditnehmer hinwies.

    Aber man ist ja immer erst schlauer, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist.

    PS: du würdest tatsächlich Fahrrad, Chips, Toaster, Rock, DVD und Apfel an einem Tag im Kaufhaus kaufen? Muss ja eine lustige Party sein, auf die du dann willst ;-)

    Aber ich kann verstehen was du meinst. Klar, für Zeitgenossen ohne viel Spielraum war es bestimmt nett alles an einem Ort zu finden, aber ich glaube dieser Teil der Kundschaft war zu verschwindend gering, als das sie allein das Modell am laufen hätten halten können.

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