"Alice im Wunderland" ist die mittlerweile siebte (!) Zusammenarbeit* von Regisseur Tim Burton und seinem, man mag es anders kaum ausdrücken, Protegee Johnny Depp, die nicht sonderlich überraschend einmal mehr einer sehr entrückten Welt entspringt und die Fortsetzung zur bekannten Geschichte darstellt.
Die Story: Alice (Mia Wasikowska) ist nicht mehr das kleine Mädchen von einst, sondern mit Anfang 20 in jenem Alter, in dem man im viktorianischen England längst verheiratet sein sollte. Und so ist die Gartenparty, zu der sie und ihre Mutter eingeladen sind, nicht weniger als ihre Verlobungsfeier. Wenn da jedoch nicht ein weißes Kaninchen mit Weste und Taschenuhr wäre, dem zu folgen Alice eher bereit ist als den Heiratsantrag anzunehmen.
Es folgt der erneute Sturz in den Kaninchenbau und obwohl ihr die ganze Szenerie sehr vertraut vorkommt, kann sie sich nicht daran erinnern jemals im Wunderland gewesen zu sein. Mit großen Augen wandelt Alice also durch die Anderswelt, um von der blauen Raupe Absolom (Stimme: Alan Rickman) zu erfahren, dass nur sie der Prophezeiung nach die Unterjochung durch die rote Königin (Helena Bonham Carter) beenden kann, indem sie den Drachen Jabberwocky (Stimme: Christopher Lee) erschlägt und der weißen Königin (Anne Hathaway) somit wieder auf den Thron hilft. Ihr zur Seite stehen bei diesem Unterfangen schließlich auch der verrückte Hutmacher (Johnny Depp) und die undurchschaubare Grinsekatze (Stimme: Stephen Fry)...
Burton liefert einmal mehr eine ganz eigene, verspielt-verstörende Vorstellung ab, die sich gerade über die Hintergründe ausdrückt. Farbenprächtige, detailreiche und -verliebte Bilder wechseln sich, perfekt durch den Soundtrack von Danny Elfman unterlegt, mit burton-typisch morbiden, in Ruinen liegenden Szenen ab, um auch die Unterschiede zwischen der friedlichen Herrschaft der weißen und der kopf-ab-lastigen Führung der roten Königin aufzuzeigen.
Die Metaebene, auf die Burton die eigentliche Geschichte von Lewis Caroll lenkt, ist dabei eine der schönsten Ansätze im ganzen Film. War das Wunderland für Alice bei ihrem ersten Besuch als kleines Kind noch absolut real, ist es nun nicht mehr als ein böser Traum, aus dem es aufzuwachen gilt. So illustriert Burton den Verlust der kindlichen Phantasie, die aber doch mehr ist, als nur reine Hirngespinste. Spätestens wenn der Hutmacher Alice fragt, ob er dieser Logik nach ebenfalls nur ein Produkt ihrer Vorstellung ist und damit sein mit ihrem Aufwachen verknüpftes Ende in Erfahrung zu bringen versucht, hat der Film mehr Tiefe erreicht, als man es für möglich gehalten hätte. Schade nur, dass die mit vielen kleinen, liebevoll verzierten Episoden bestückte Handlung gegen Ende des Films in einer fehl am Platz wirkenden Schlacht gipfelt.
Die Figuren an sich sind, wie man es von Tim Burtons Werken kennt, allesamt einzigartig und haben ihren jeweiligen Spleen abbekommen, der sie liebenswert erscheinen lässt. Dem namhaften Cast um Johnny Depp, Helena Bonham Carter und Anne Hathaway als in Menschengestalt sichtbare Charaktere laufen die Nebenfiguren allerdings ein ums andere Mal den Rang ab. Die permanent Wasserpfeife rauchende Raupe Absolom, die immer wieder auftauchende und verschwindende Grinsekatze oder der Bube Stayne (Crispin Glover) als Hofmarschall Sorgen für die unerwarteten Lacher, die umso eher im Gedächtnis bleiben. Depp und Bonham Carter wirken im Vergleich zu anderen Projekten überraschend blass auf mich, während Hathaway vollends vom anderen Stern schien. Die positive Überraschung war jedoch Mia Wasikowska, die ihre Hauptrolle als absoluter No-Name unter all den Stars bezaubernd ausgefüllt hat, wie sie doch ständig mit sich ringt, ob sie nicht doch nur träumt und all das bald vorbei sei.
Noch ein Wort zur 3D-Technik, die für den Film verwandt wurde: Ja, es ist nett anzusehen, aber mehr als Mittel zum Zweck war es dann doch nicht, wie ich fand.
* nur um euch das Grübeln zu ersparen, die sechs bisherigen Burton-Depp-Filme waren "Edward mit den Scherenhänden", "Ed Wood", "Sleepy Hollow", "Charlie und die Schokoladenfabrik", "Corpse Bride" und "Sweeney Todd: The Demon Barber Of Fleet Street".
Mittwoch, 10. März 2010
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Ich bin gespannt wie er mir am Freitag gefallen wird. Mögen tue ich Burton+Depp nicht - deshalb ist das für mich noch interessanter *g*
AntwortenLöschenich fand den Film super - wobei ich ja sowieso ein Fan von Johnny Depp und Burtons düster-psychidelischem Stil bin ... :)
AntwortenLöschenhab ihn allerdings nicht in 3D gesehen, sondern ganz "altmodisch" ohne "Brille"
Okaaayy.. ich hab den Film am Montag in 3D gesehen und gerade etwas darüber geschrieben.. allerdings hört sich das im Gegensatz zu deinem Artikel eher peinlich an. Ich werde dich auf jeden Fall verlinken, falls irgend jemand einen richtig guten informativen Artikel über den Film lesen will... Man du hasts einfach drauf. Perfekt beschrieben.
AntwortenLöschenich hab ihn gestern gesehen.
AntwortenLöschentim burton fan, johnny depp fan, trotzdem kam ich so enttäuscht wieder raus!
dieser film hat mein tag ruiniert.
die erwartungen lagen weit über die decke des kinosaals.
hab lange gegrübelt, was ihn wohl so schlecht macht für mich und es auch aufgeschrieben:
http://negativ-film.blogspot.com/2010/03/alice-im-wnderland-3d-ein-lamento.html