Ich möchte es gleich vorweg nehmen: Ja, das ist Heath Ledgers letzter Film gewesen. Ja, es ist nicht der cineastische Meilenstein, der seine Rolle als "Joker" in "The Dark Knight" war. Und ja, ich rechne es den Machern auch hier nach wie vor an, dass man darauf verzichtet hat gerade die Umstände, unter denen der Film entstand, als Möglichkeit zur Geldmache auszunutzen.
Nun aber zum Inhalt.
Der namensgebende Dr. Parnassus (Christopher Plummer) tingelt mit seiner Crew, bestehend aus seiner von einer besseren, geregelten Zukunft und Heimat träumenden Tochter Valentina (Lily Cole), dem heimlich in Valentina verliebten Taschenzauberer Anton (Andrew Garfield) und dem kleinwüchsigen, dafür aber umso scharfsinnigeren Percy (Verne Troyer - besser bekannt als "Mini-Me" aus den "Austin Powers"-Filmen), durch das London der Gegenwart und versucht sich mit der heruntergekommenen Jahrmarktsattraktion des Imaginariums, einem Phantasien erfüllenden und Bewusstseins veränderndem Spiegel als Zutritt in eine andere Welt, über Wasser zu halten. Zumindest erweckt es den Anschein, als ob.
Vielmehr plagt sich Parnassus mit der Gewissheit, dass der leibhaftige Teufel (Tom Waits) in drei Tagen kommen wird, um seine Wettschuld abzuholen: Valentina. Denn vor mehr als tausend Jahren wettete der weise Mönch Parnassus zum ersten Mal mit "Mr. Nick" um sein Seelenheil und erhielt dafür nicht weniger als Unsterblichkeit. Ein Geschenk, dass der Teufel nur zu gerne vergab, da er um die stete Veränderung der Welt und ihrer Bewohner weiß.
Die zweite Wette schenkte dem greisen Doktor, wie man im Laufe des Films erfährt, seine Jugend zurück, um Valentinas Mutter für sich zu gewinnen. Doch der Einsatz lag nun wesentlich höher, ging es doch um die Seele seiner Tochter, die an ihrem 16. Geburtstag fällig ist.
Aber da Mr. Nick ein Spieler ist und nichts mehr liebt als andere Spieler, bietet er Parnassus eine letzte Wette an: Wer noch vor Valentinas Geburtstag fünf Seelen einfangen kann, bekommt Valentina. Just zu diesem Zeitpunkt rettet die Crew den in seinen Handlungen undurchsichtigen Tony (Heath Ledger - später dann Johnny Depp, Jude Law und Colin Farrell) vor dem Strick. Ohne Erinnerungen an seine Vergangenheit beginnt dieser sich als "Rattenfänger" zu verdingen und beschert dem Imaginarium mit seiner betörenden Art und Weise einen zahlenden Kunden nach dem anderen. Doch nichts währt ewig in dieser Geschichte, und so finden die guten Zeiten ein jähes Ende...
Ohne Frage, Ledgers Tod überstrahlte die Produktionsarbeiten, aber sie - so makaber es klingen mag - eröffnete neue Möglichkeiten für das weitere Skript und die Regie von Terry Gilliams "
Das Kabinett des Dr. Parnassus". Die Verwandlung, die die Figur des Tony bei jedem Durchschreiten des Spiegels durchlebt, ist der meiner Meinung nach genialste Kniff des ganzen Films. Depp als Verführer, Law als Fantast und auch Farrell als machtgieriger, paranoider Blender ergänzen in den bildgewaltigen, detailverliebten Fantasiewelten jene Nuancen, die Ledger in der realen Welt des Films angedeutet hat (obwohl ich in den ersten fünf bis zehn Minuten mehr "Joker"-Merkmale wie Gestik und Mimik ausmachen konnte, als mir für diese neue Rolle lieb waren).
Die darstellerisch besten Leistungen legen aber Tom Waits als wandelnde "Warten auf Godot"-Referenz in seinem schwarzen Anzug und dem Bowler auf dem Kopf sowie Verne Troyer mit seinen markigen Einzeilern ab, wo hingegen ich die Rolle der Valentina durch Lily Cole als ein wenig zu "schief" angelegt empfand, was aber auch an ihrer sowieso sehr entrückten Optik gelegen haben dürfte.
In diversen Kritiken konnte ich auch herauslesen, dass man das ständige Spielen und Wetten des Teufels nur als bedingt logisch empfände, da er sich doch damit nur selber um seine Ernte bringen würde. Ein Punkt, den ich gänzlich anders interpretiere.
Womit denn sonst, als mit kleinen Spielchen, sollte man sich sonst bei Laune halten, wenn man ewig lebt? In der Gewissheit, dass die Zeit so oder so auf seiner Seite ist, kann es sich Mr. Nick durchaus erlauben den ein oder anderen Deal neu einzugehen und in der Folge dabei zuzusehen, wie sich die Menschen mit ihren Wünschen und dem, was daraus resultiert, quälen.
Überhaupt ist die Allegorie, dass man sich seine Wünsche und Fantasien, sofern sie denn wahr werden könnten, sehr genau überlegen sollte, die unterschwellige, aber wegweisende Botschaft des Films. Nichts ist so schön, wie es auf den ersten Blick erscheint, und gemäß der Natur des Menschen sehnt man sich spätestens dann, wenn der Reiz des erfüllten Wunsches vergangen ist, nach etwas Neuem, das allerdings nie wieder ein vergleichbares Glücksgefühl erzeugen kann, so dass man voller Gram auf sich selbst weiterlebt.