Nun also die angekündigte Kritik zu „The Dark Knight“. Zuerst gehe ich kurz auf die Charaktere ein, ehe ich mich zur Thematik auslasse.
Heath Ledger hat in seiner letzten großen Rolle das geschafft, was zuvor viele Comicverfilmungen versucht, aber nicht geschafft haben: einen Bösewicht zu schaffen, der über die Grenze des üblichen „seht mich an wie böse ich bin“-Gehabes hinausgehen. Ledgers Joker ist all das, was man von einem psychopathischen Irren erwartet. Er ist ein unberechenbares kriminelles Genie und liebt das Chaos.
„Weißt du was ich bin? Ich bin ein Hund der Autos hinterherjagt. Ich wüsste nicht einmal was ich tun würde, wenn ich eines erwischen würde.“
Dieser Joker will die Welt brennen sehen, ist der Zufall in seinen Augen doch die einzig faire Konstante im Leben eines jeden Einzelnen. Und verdammt nochmal, diesem Joker will man im realen Leben nie und nimmer über den Weg laufen. Wenn manche meinen Ledger posthum mit dem Oscar auszeichnen zu müssen, bitte! Er hat es sich auf jeden Fall mit diesem Schauspiel verdient.
Anders als Christian Bale. Er wirkt trotz der Tiefe, die ihm Nolan mit seinem Drehbuch aufdrücken möchte, einfach nicht so überzeugend wie der Joker. Zu seiner Verteidigung muss man aber sagen, dass es wohl niemanden gegeben hätte der neben diesem Überbösewicht hätte bestehen können. Die innere Zerrissenheit nimmt man dem dunklen Ritter nur stellenweise ab, ansonsten wirkt es nur sehr motiviert. Und mit der bald nervenden "Batman-Stimme" wird es nicht besser. An eine intensive Leistung wie in „American Psycho“ wird er wohl so bald nicht mehr rankommen.
Bliebe die dritte große Figur des Films: Aaron Eckhardt als Bezirksstaatsanwalt Harvey Dent. Dent, der weiße Ritter, wie ihn der beförderte Commissioner Gordon nennt, ist aalglatt, weiß was er will und was er dafür tun muss. Der später im Film kommende Wandel zum brutalen Rächer ist allerdings zu ad hoc in Szene gesetzt. Man nimmt ihm das einfach nicht ab, diesen Seitenwechsel vom Kämpfer für das Gute zum Verbrecher.
Da hilft auch die starke Line „Entweder man stirbt als Held oder lebt so lange bis man selber ein Bösewicht wird“ nicht mehr.
Die hochkarätig besetzten Nebenrollen des Alfred (Michael Caine), Lucius Fox (Morgan Freeman) sowie Dent- bzw. Bruce Wayne-Freundin und Anwältin Rachel Dawnes (Maggie Gyllenhaal) sind allesamt gute Sidekicks, aber selbst in 152 Minuten Laufzeit war es nicht möglich ihnen größere Rollen zukommen zu lassen. Ich will nicht sagen das diese Stars verschenkt wären, aber man hätte gerade dem Gespann Caine/Freeman mehr als die großväterlich weise und pointierte Rolle geben sollen, die die beiden verkörpern. Maggie Gyllenhaal macht ihren Job besser als Vorgängerin Katie Holmes, stinkt im Vergleich mit allen anderen aber dennoch am meisten ab. Sorry.
Nun also zum Film und seiner Thematik an sich:
Die Unterweltbosse Gothams haben Angst – vor Batman. Sie fürchten den dunklen Ritter so sehr, dass sie sich nur noch tagsüber in ihren Hinterzimmern treffen, wähnen sie sich doch dort in Sicherheit. Mit dem Joker erscheint allerdings ein neues Kaliber Gangster auf der Bildfläche. Ein Gangster, der sich nicht um die üblichen Verbrecherkonventionen schert. Ihm geht es nur um den Spaß am Chaos, am Elend; und er macht dem Mob ein Angebot das sie nicht ausschlagen können: Er tötet Batman, wenn sie ihn von der Leine lassen.
„Wenn es so einfach ist Batman zu töten, warum hast du es dann nicht längst getan?“ – „Wenn du gut in etwas bist, mach´ es niemals umsonst!“
Was folgt sind Angst und Schrecken für die Bürger Gothams in einem Ausmaß, wie sie es noch nicht kannten. Die Forderung des Jokers ist so einfach wie effektiv: Batman soll seine Maske lüften, ansonsten sterben jeden Tag Menschen durch die Willkür des Clowns.
Die von vielen Stellen bereits angesprochene 9/11-Thematik ist den ganzen Film über bemerkbar. Diese Angst vor der eigenen Courage im Kampf gegen Terror und Chaos, der Kampf mit den inneren Dämonen auf der Suche nach der richtigen Vorgehensweise, all das bringt der Film gut rüber. Allein die Frage, wie weit man im Kampf gegen einen Irren wie den Joker gehen sollte ohne die Grenzen von Recht und Ordnung zu überschreiten, wäre genug Stoff für drei weitere Filme. Die totale Überwachung durch einen Einzelnen, das Wissen wer wo und zu welcher Zeit ist, die Aufgabe sämtlicher persönlichen Rechte zur eigenen Sicherheit durch Dritte.
Doch wenn wir ehrlich sind, die Diskussionen in der Realität zum Kampf gegen den Terror sind noch viel abstruser und verbitterter.
Die unzähligen politischen Anspielungen sind gerechtfertigt und gut platziert, gehen dem weniger politisch Interessierten aber entweder ziemlich schnell auf den Keks oder gar komplett am Allerwertesten vorbei. Zumindest hatte ich diesen Eindruck, als ich den Film im Kino sah und mir die Reaktionen der anderen Besucher nach dem Abspann zu Gemüte führte.
Sicher, näher am aktuellen Weltgeschehen ist eine Comicverfilmung selten gewesen, aber durch dieses überstrapazierte Gebaren nimmt man dem Film auch etwas von seiner Leichtigkeit, die man normalerweise dankbar bei Werken dieses Genres aufnimmt.
Atmosphärisch ist der Film ohne Zweifel das Beste, was es in den letzten Jahren zu sehen gab. Das ständige Gefühl der Bedrohung ist allgegenwärtig, die düstere Großstadt Gotham perfekt getroffen – auch wenn manche meinen, sie hätte ihren Zauber verloren und würde mittlerweile zu sehr an Asphaltwüsten wie New York, Chicago oder Vancouver erinnern.
Ähnlich wie „Matrix“ oder „Heat“ bedient man sich eines Blaustichs, der die ohnehin schon spürbare Kälte noch verstärkt.
Einziges Manko ist wohl nur die Laufzeit. Zwanzig bis dreißig Minuten weniger hätten es schon sein können, aber von Seiten der Macher wollte man die Zuschauer wohl nicht vollends aus dem Kinosessel schleudern. Die drei, vier Längen sind mehr oder weniger willkommene Verschnaufpausen, um das Gesehen verarbeiten zu können, hätten aber wie gesagt nicht sein müssen. Nichts desto trotz stellt sich die kompletten zweieinhalb Stunden keine Langeweile ein.
Der mediale Hype um den vielleicht besten Film aller Zeiten ist begründet, darf durch das Mitwirken der Hypemaschinerie Internet auf der anderen Seite aber auch nicht überbewertet werden. Besser als „Der Pate“, vor dem er zeitweise bei imdb.com geführt wurde (mittlerweile ist es Rang 3), ist er nämlich nicht – dafür sind die beiden zu verschieden.
Den Titel als beste Comicverfilmung des Jahres kann ich „The Dark Knight“ trotz meiner Liebe für Batman nicht geben. Die angesprochene Leichtigkeit einer Comicverfilmung fehlt. Diese kleinen Momente in denen man eher schmunzelt, denn mit einem erfrorenen Lächeln verstört im Kinosessel sitzt. „Iron Man“ hatte derlei mehr und zeichnete den Charakter des Tony Stark besser, als Regisseur Christopher Nolan es seinem Batman ermöglicht.
Ach ja, ich tippe für den dritten Teil der neuen Batman-Reihe beim Bösewicht schon jetzt auf Catwoman. Dieser kleine Katzenwitz zu Beginn des Films lässt mich das was entsprechendes ahnen.